Risiko Feuchtigkeit: Bautrocknung bei Neubauten


Artikel vom 19.08.2021


In einen Neubau wird während der Bauphase stets ein hohes Volumen an Wasser eingebracht. Die Feuchtigkeit sitzt im Mörtel und Estrich sowie im Putz. Auch Baustoffe, die im Regen auf der Baustelle auf ihrer Verwendung warten, bringen Feuchtigkeit in den Rohbau. Je nach Witterungslage gelangt über Regen, Schnee oder durch Überschwemmungen weiteres Wasser in die Bausubstanz.

Risiken von feuchten Neubauten

Im Schnitt birgt ein durchschnittlich großes Einfamilienhaus zwischen 1500 und 2000 Liter Restfeuchte. Hinzu kommt, dass Gebäudehüllen eine sehr gute Dämmung gewährleisten und einen Bau isolieren. Das bedeutet auch, dass die Feuchtigkeit wesentlich schlechter entweichen kann. Die verbleibende Restfeuchte vor dem Einzug fachgerecht zu entziehen ist notwendig, um Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden. Die Feuchtigkeit in einem Neubau hat drei wesentliche negative Effekte auf eine Immobilie und auf die Menschen, die in ihr Leben.

 

  1. In einem feuchten Gebäude sind in den ersten Jahren Heizkosten zwei bis dreimal so hoch im Vergleich zu einem trockenen Gebäude. Das schlägt sich spürbar auf das Haushaltsbudget nieder.
  2. Feuchtigkeit im Bauwerk bietet einen idealen Nährboden für Pilze. Oberflächlichen Stockflecken beeinträchtigen nicht nur den optischen Wohnwert, sie setzen auch gesundheitsbedenkliche Sporen ab. Doch im Vergleich zum Hausschwamm scheint er fast schon harmlos zu sein. Einer der aggressivsten Pilze, der Hausschwamm, befällt vor allem Holzteile. Er ist in der Lage, das Holz komplett zu ruinieren. Handelt es sich um tragende Bauteile, kann sich der Neubau in ein Sanierungsobjekt verwandeln oder dauerhaft unbewohnbar werden.
  3. Die negativen gesundheitlichen Auswirkungen von Feuchtigkeit schlagen sich vor allem in Gliederschmerzen und rheumatischen Beschwerden nieder. Die Auswirkungen von Schimmel, die in Form von Sporen durch die Luft fliegen, führen zu Atemwegsbeschwerden, können Allergien und Kreislaufprobleme verursachen.

 

Neubau trocknen, aber richtig

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass neu gebaute Häuser über Wochen und Monate Zeit zum Trocknen hatten, bevor der Einzug anstand. Heute ziehen Familien praktisch sofort nach Fertigstellung in ihr Traumhaus ein.

 

Die Trocknungszeit lässt sich mit dem Einsatz technischer Geräte verkürzen. Die professionelle Bautrocknung unterscheidet sich in Raumtrocknung, Dämmschichttrocknung und Estrichtrocknung. Die Raumtrocknung kommt typischerweise nach einem Wasserschaden in einer Wohnung oder einem einzelnen Raum zum Einsatz und ist auch bei der Trocknung sanierter Altbauten zu finden. Dämmschichttrocknung entfeuchtet die Wärmedämmung in Wänden und die Trittschalldämmung. Die Estrichtrocknung eignet sich zur Trocknung des Fußbodens. Diese kommt zum Einsatz, damit die folgenden Gewerke möglichst schnell anschließen können.

 

Technische Neubautrocknung ermöglicht eine schonende, zügige und preiseffiziente Trocknung. Im Idealfall startet die Bautrocknung bereits, wenn die Wände verputzt sind und der Estrich gelegt ist. Vor allem in privaten Immobilien werden Fließestriche eingebaut. Experten raten 5 Tage zu warten, bevor die technische Trocknung beginnt. Nur Anhydrit- und Calciumsulfatestriche können gefahrlos ab dem zweiten Tag getrocknet werden. In jedem Fall gilt, dass die Trocknung erst starten darf, wenn der Estrich abgebunden hat.

 

Die richtige Leistung wählen

Die Leistung des Bautrockners muss auf die Immobilie bzw. die zu trocknenden Bauteile abgestimmt werden. Ist die Trocknungsleistung zu hoch, bilden sich Risse oder Schüsselungen. Wird die Trocknung weiter fortgesetzt, können sich die diese Schädenweiter verschlimmern. Grund ist, dass die Raumluft buchstäblich von einem Moment auf den anderen von sehr feucht auf sehr trocken umschwenkt. Doch können die Baustoffe wie zum Beispiel der Fließestrich die enthaltene Feuchtigkeit nur in einem relativ langsamen Tempo abgeben. Ist die Trocknungsleistung zu hoch und die Grenzwerte werden überschritten, kommt es zu einem physikalischen Phänomen, dem Kapillarabriss: Die Oberfläche trocknet komplett ab und sieht trocken aus. Doch im Kern bleibt die Feuchtigkeit eingeschlossen und kann nicht mehr nach außen abgegeben werden. Erst ein paar Wochen später setzt sich die Feuchtigkeit auf der Oberfläche ab. Ist die Oberfläche dann aber bereits durch einen Fußbodenaufbau versiegelt, sehen Bewohner die Feuchteschäden nicht. Schimmel kann sich ungehindert ausbreiten und die Bausubstanz, die Einbauten und die Gesundheit schädigen.

 

Auf die Umgebungstemperatur achten

Die Raumlufttemperatur hat wesentlichen Einfluss darauf, wie viel Feuchtigkeit sich aus einem Bau pro Stunde entfernen lässt. Dabei gilt, dass bei hoher Raumlufttemperatur viel Feuchtigkeit und bei geringer Temperatur nur wenig Feuchtigkeit von der Luft aufgenommen und abgeleitet werden kann. Bei einer Temperatur von 15 bis 30 Grad Celsius und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 80% befinden sich in der Luft zwischen 9 Uhr und 22 g Wasser pro Kubikmeter. Auf diesen Wassergehalt wird die Leistung des technischen Trocknungsgeräts ausgelegt. Leistet das Trocknungsgerät weniger als nötig, zieht sich die Trocknungszeit in die Länge. Leistet es mehr, entstehen wie bereits erwähnt Probleme am Baukörper.

 

Beheizungsart wählen

Solange die Immobilie noch nicht mit einer Zentralheizung ausgestattet ist, übernehmen mobile Heizgeräte die Beheizung. Ein elektroheizgerät braucht lediglich Strom, um einsatzfähig zu sein. Elektroheizer verursachen keine Abgase und sie produzieren keine weitere Luftfeuchtigkeit. Deshalb sind sie in der Bautrocknung sehr zu empfehlen.

 

Ölheizgeräte oder Gasheizgeräte, die direkt befeuert werden, sind grundsätzlich nicht für die professionelle Bautrocknung geeignet. Dies liegt daran, dass bei der Verbrennung von Gas und Öl Wasserdampf an die Umgebungsluft abgegeben wird. Pro Liter Brennstoff werden rund 1,5 Liter Wasserdampf erzeugt. Das verlängert die Trocknungszeit erheblich.

 

 

Belüftung und Luftbewegung

Um optimale Ergebnisse bei der Trocknung zu erzielen, muss die Luft in Bewegung sein. Werden Ventilatoren eingesetzt, lässt sich die Trocknungszeit um etwa ein Drittel verkürzen. Auch für die Bauwerksoberflächen ist der Einsatz von Ventilatoren günstig, weil die Luft dann überall gleichmäßig feucht ist und eine insgesamt homogene Trocknung des Baukörpers erreicht wird.

 

Sonderfall Winterbaustelle: Vorsicht beim Heizen

Bei Neubauten wird der Winter oftmals dazu genutzt, das Erdgeschoss und die erste Etage zu verputzen. Dabei wird die Heizung aufgedreht. das Problem ist, dass die Luke zum Dachgeschoss häufig offen steht, sodass sich die Feuchtigkeit unterm Dach niederschlagen kann. Die Dachsparren sind kühl und die sich dort niederschlagende Feuchtigkeit unterm Dach bietet ein ideales Klima für bestimmte Schimmelpilze. Auf einer Winterbaustellen ist deshalb dringend darauf zu achten, die Öffnung zum Dachgeschoss insbesondere im nicht ausgebauten Zustand geschlossen zu halten.

 

4-Punkte-Checkliste für Baufamilien gegen Neubaufeuchte

Unabhängig von der technischen Bautrocknung können Baufamilien selbst aktiv werden und dafür sorgen, dass die Neubaufeuchte so gering wie möglich gehalten wird. Die folgende Checkliste gibt einige Tipps für den Baualltag:

 

     in der Bauphase Baumaterial und Bauteile vor Nässe schützen

     Anstreichen und tapezieren sowie Holzverkleidung erst nach der vollständigen Trocknung anbringen

     für Schutz vor Feuchtigkeit an Dach, Fassade und Erdreich sorgen

     frühzeitig Kontakt zu einem Fachbetrieb für Bautrocknung aufnehmen und technische Bautrocknung zeitlich abstimmen

 

 

 

 

Abbildung 1: pixabay.com © manfredrichter  (CC0 Creative Commons)

Abbildung 2: pixabay.com © MichaelGaida (CC0 Creative Commons)